Kunst

Kunst fällt ins Auge. Kunst ist mit Händen zu greifen. Kunst ist leibhaftig. Der begrifflich-abstrakten Durchdringung der Welt stellt die Kunst somit Anschauungsobjekte zur Seite: Kunst gründet in sinnlicher Wahrnehmung und handgreiflichem Tun.

Diese ganz andere – sinnen- und materialbezogene – Art von Lernen, von Selbsterfahrung und -entfaltung, möchte der Kunstunterricht kultivieren; er fördert die Freude am Umgang mit Bleistift, Pinsel und Modellierwerkzeug; er steigert die Empfänglichkeit für gestalterische Wirkungen. Der Kunstunterricht schafft Spielräume für Phantasie und Kreativität – und durchaus auch Rekreationsräume im kopflastigen Schulalltag, in denen sich Arbeit und Nachbargespräche, Arbeit und Tagtraum, Arbeit und Entspannung vereinen lassen.

Mit möglichst abwechslungsreichen Themen, Techniken und Materialien versuchen wir den Kunstunterricht reizvoll zu gestalten, vor allem aber auch die verschiedenartigen, z.T. noch schlummernden Fähigkeiten und Talente des einzelnen Schülers zu wecken. Erweist der eine ein akribisches Zeichentalent, so weiß der andere großzügig und intuitiv die Farben zu komponieren, und wieder ein anderer zeigt eine sichere und glückliche Hand beim Modellieren. Liegt der einen das bildnerische Fabulieren, so der anderen die exakte Wirklichkeitswiedergabe und der dritten das abstrakte Gestalten. Nur das Ausprobieren und Erproben gibt dem Schüler Aufschluss über seine Möglichkeiten – die er später als Lebensbereicherung oder im beruflichen Sinne weiterpflegen und -entwickeln mag.

Bereits in der Sekundarstufe I arbeiten wir also mit verschiedenen Materialien und Techniken; mit Bleistift, Buntstift und Feder, mit Ölpastellkreiden, Deck- und Aquarellfarben, mit Tonpapieren und fotografischen Collageelementen, mit Ton und Linoldruckplatten. In der Sekundarstufe II kommen etwa hinzu Kohle und Kreide, Pastell- und Ölmalerei, Radierung und Foto, Speckstein und Metallarbeiten. Die Themen wenden sich an die Erfindungs- und Vorstellungsgabe (Sek I: Das Lebensgefährt; Sek II: Botticellis Venus in eine moderne Situation versetzt), an die genaue Wirklichkeitserfassung (Sek I: Das Ohr des Nachbarn; Sek II: Selbstdarstellungs-Stillleben), an die regelgeleitete Konstruktion (Sek I: Wunderkammergebäude in der Parallelperspektive; Sek II: Körperdarstellung in richtiger proportionaler und perspektivischer Wiedergabe), an die Farbsensibilität (Sek I: Gitterkonstruktion aus zwei modulierten Grundfarben; Sek II: Einklang und Entfremdung in einer Paarbeziehung – jeweils farblich ausgedrück’) oder an die abstrakte Formgebung (Sek I: Ein Musikstück visuell umgesetzt; Sek II: Polare Vorstellungen – etwa Schwere und Leichtigkeit – in einem Bild abstrakt realisieren).

Liegt die Eigentümlichkeit das Faches Kunst in praktisch-bildnerischer Tätigkeit, so bildet die theoretische Auseinandersetzung mit ästhetischen Gegebenheiten dazu die Ergänzung und Vervollständigung. Wir machen uns bewusst, welche Wirkungen von verschiedenen Materialien und Techniken, vom andersartigen Duktus, von unterschiedlichen Kompositionsweisen ausgehen; wir interpretieren Kunstwerke, wir fragen nach der Bedeutung und dem Stellenwert ästhetischer Gegenstände für den Künstler, den Betrachter, die Gesellschaft; wir bringen die geschichtlichen Besonderheiten und Veränderungen der Kunstauffassung zur Sprache.

Theorie und Praxis sind im Kunstunterricht verknüpft; sie haben in den verschiedenen Klassenstufen und in Abhängigkeit vom jeweiligen Thema der Kurse ein je unterschiedliches Gewicht.

Der Unterricht in der Oberstufe umfasst die drei Sachbereiche Bildende Kunst (Graphik, Druckgraphik, Malerei, Plastik, künstlerische Photographie, künstlerischer Film u.a.), Massenmedien (Zeitschriften, Comics, Plakate, Werbung, Pressephotographie, Fernsehserien usw.) und Gestaltete Umwelt (Mode, Design, Architektur, Wohnen, Stadt- und Landschaftsplanung usw.), die jeweils phasenweise oder auch kursweise den Schwerpunkt des Unterrichts bilden. Freilich sind auch sachbereichsübergreifende Themenstellungen möglich, etwa ‘Der Einfluss der Kunst auf die Werbung und der Werbung auf die Kunst).

Klausurformen des Abiturs, die auch vorher geübt werden, sind die kombinierte Arbeit mit praktischem Schwerpunkt (in der Regel praktische Arbeiten mit Selbstreflexion), die kombinierte Arbeit mit schriftlich-theoretischem Schwerpunkt (theoretische Arbeiten mit praktischen Anteilen, z.B. Kompositionsskizzen oder Bildentwürfen) sowie die theoretisch-schriftliche Arbeit (vorzugsweise Bildanalysen, aber auch Auseinandersetzungen mit kunsttheoretischen Texten u.Ä.).

Im Zuge des Zentralabiturs werden die Schwerpunktthemen des Oberstufenunterrichts landesweit vorgegeben. Beispiele für Kursthemen der letzten Jahre sind etwa: Bilder von Gewalt und KriegMensch und StadtKulturelle WerbungLicht und AtmosphäreMensch und Raum – ArchitekturMenschliche Beziehungen in der Plastik u.Ä.

(SDA, November 2013)

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