Das THG in Zeiten von Corona – Antonia aus der 5B hat nachgefragt!

Sei dem 16. März ist die „Schulwelt“ auch am THG aus den Fugen: zwei Wochen durfte kein Unterricht erteilt werden und auch die jetzigen Osterferien erleben wir in Coronazeiten ganz anders als bisher. Geschlossene Geschäfte und Restaurants, Hotels ohne Gäste, gähnende Leere auf den Flughäfen, Kontaktsperren und freiwilliges „Zuhausebleiben“ – so kannten wir uns die Ostertage noch nicht. Und noch etwas ist ungewöhnlich: im THG findet zwar kein Unterricht statt, aber trotz Ferien eine „Notbetreuung“, die von den Kolleg*innen sichergestellt wird und von der Antonia aus der 5B als Einzige Gebrauch macht – und wie! Auch in Ferienzeiten ist sie eine wissbegierige und engagierte Schülerin, die alle Angebote gern genutzt und wirklich das Beste daraus gemacht hat! Zum Beispiel ein Interview mit unserer Schulleiterin Frau Dr. Koller und einen kleinen Film vom verwaisten Schulgelände. Wir wünschen viel Vergnügen bei der Lektüre und wünschen weiterhin gute Gesundheit und ein baldiges Wiedersehen!

Das THG in Corona-Zeiten

Interview von Antonia, Klasse 5B, mit Frau Dr. Koller am 03.04.2020

Antonia: Guten Morgen, Frau Dr. Koller! Herzlichen Dank, dass Sie sich bereit erklärt haben, ein Interview mit mir zu führen. Die Ausbreitung des Covid 19-Virus hat unser Leben ja bereits stark verändert. Was sind aus Ihrer Sicht als Schulleiterin im Moment die größten Herausforderungen?

Dr. Koller: Guten Morgen, Antonia! Schön, dass du dir Gedanken machst über das, was uns hier alle als Schule im Moment betrifft. Es gibt viele Herausforderungen! Die Schule ist leer – das ist sonst nur in den Ferien der Fall, und dann weiß man, dass in wenigen Wochen alle fröhlich und gesund wieder da sein werden. Aber im Moment ist die Schule leer, weil wir nicht so richtig wissen, wie sich die Krankheit um uns herum entwickelt. Wir können nur hoffen, dass möglichst alle, die zur Schulgemeinschaft gehören, gesund bleiben. Und die Herausforderung für uns besteht jetzt darin zu lernen, dass wir keine Feriensituation haben, sondern dass wir die Schülerinnen und Schüler natürlich auch trotz dieser unterrichtsfreien Zeit weiterbringen und ihnen die Möglichkeit geben wollen, die Zeit zu nutzen und weiter zu lernen, auch zu Hause.

Antonia: Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen haben ja sehr kurzfristig von der Schulschließung am 16. März erfahren. Hatten Sie bereits damit gerechnet, dass dieser Schritt erfolgen würde, und was war Ihr erster Gedanke, als die Nachricht kam?

Dr. Koller: Wir haben damit gerechnet, oder vielleicht sollte ich sagen: ein bisschen befürchtet, dass dieser Schritt nötig sein würde. Wir hatten aber keine weiteren Informationen und konnten bis zu dem Zeitpunkt, als der Kultusminister die Schulschließung verkündet und den Zeitraum bekannt gegeben hat, nur erste Überlegungen anstellen: Wie könnte man sich dann verhalten? Was könnte man dann tun? Aber konkrete Pläne konnten wir vorher gar nicht entwickeln, dazu hat sich die ganze Krankheit auch einfach viel zu schnell verbreitet, als dass dann schon Schulschließungpläne konkret inhaltlich hätten ausgestaltet werden können.

Antonia: Das THG ist ja, was die Digitalisierung betrifft, auch im Vergleich mit anderen Schulen ausgezeichnet vorbereitet gewesen. Haben sich hier die Investitionen der letzten Jahre gelohnt?

Dr. Koller: Ich denke schon, dass man jetzt gut das nutzen kann, was unsere Kolleginnen und Kollegen in den letzten Jahren aufgebaut haben. Trotzdem, glaube ich, sollte man jetzt nicht darauf setzen, dass Unterricht ganz überwiegend digital ablaufen wird. Unterricht ist etwas, was nur gut gelingen kann im Miteinander: im Miteinander zwischen Schülerinnen und Schülern und Lehrerinnen und Lehrern, und das Miteinander kann man vermittelt durch das Medium Computer, Internet… nur ansatzweise „rüberbringen“, um es mal etwas flapsig auszudrücken. Aber es ist natürlich sehr, sehr hilfreich, dass wir unsere schulinterne Kommunikationsplattform iserv haben. Das gibt uns nämlich die Möglichkeit, für alle Schülerinnen und Schüler unserer Schule Materialien einzustellen und Aufgaben weiterzugeben, die sie in aller Ruhe zuhause bearbeiten können, und deren Lösungen und Ergebnisse sie dann auch dort wieder einstellen können, so dass die Lehrerinnen und Lehrer sich mit ihnen darüber auch per Mail austauschen und Rückmeldung geben können. Das ist etwas ganz Tolles! Und es ist natürlich prima, dass man mit den Schülerinnen und Schülern der älteren Klassen auch noch weitergehen kann: dass sie vielfältige digitale Möglichkeiten nutzen können, weil wir in unseren ML-Klassen ja schon angefangen haben, mit Hilfe der Computer auch Unterricht zu gestalten, sodass einige Lerngruppen in einer Videoschaltung dann mal Unterrichtseinheiten oder eine Unterrichtsstunde über die großen Entfernungen von Haus zu Haus ‚virtuell‘ abhalten können. Aber insgesamt gesehen kann das kein Ersatz sein, sondern nur ein Hilfsmittel.

Antonia:  Was stellte die größte Herausforderung für Sie persönlich dar?

Dr. Koller: Ich denke, diese Herausforderungen sind für uns alle ganz ähnlich: möglichst einen klaren, kühlen Kopf zu bewahren, gemeinsam zu überlegen: Was können wir jetzt sinnvollerweise als Schule tun? Wie können wir unsere Schülerinnen und Schüler unterstützen? Wie können wir Lehrerinnen und Lehrer einerseits für die Schülerinnen und Schüler weiter da sein, trotzdem aber darauf achten, dass alle die nötigen Vorsichtsmaßnahmen beachten, dass man sich nicht ansteckt, dass man sich nicht in gesundheitliche Gefahrensituationen begibt, und vor allen Dingen, wie gesagt, mit klarem Kopf nachdenken: Wie gehen wir jetzt Schritt für Schritt weiter vor? Die größte Herausforderung ist vielleicht, dabei trotz allem eine positive Stimmung zu bewahren, damit wir alle hoffentlich gut durch diese Krisensituation hindurchkommen.

Antonia:  Wie beurteilen Sie das digitale Lernen, das in den vergangenen Wochen in allen Jahrgängen stattgefunden hat? Wo sehen Sie Erfolge, wo möglicherweise noch Verbesserungsbedarf?

Dr. Koller: Digitales Lernen fand in den vergangenen Wochen und findet aktuell ja auf unterschiedliche Art und Weise statt. Ich habe es eben schon versucht zu beschreiben: zum einen können wir die digitalen Medien nutzen, um Unterrichtsmaterialien auszutauschen. Also so, wie man sonst die Dinge per Post versenden würde, so versenden wir sie jetzt mittels E-Mail, und so versenden wir sie, indem wir sie auf einen Schulserver einstellen, wo sie die Schülerinnen und Schüler dann abrufen können, um sich die Materialien sozusagen nach Hause zu holen. Das ist ein digital vermitteltes Lernen, das aber sozusagen auf der untersten Stufe stattfindet. Der Computer ist dann nichts anderes als ein Medium, so wie sonst das Schulbuch ein Medium ist. Und dann praktizieren wir in einigen Jahrgängen auch ein weitergehendes digitales Lernen, wie ich das vorhin schon skizziert habe, indem LehrerInnen und SchülerInnen direkt in den Austausch miteinander treten, eine Videokonferenz einberufen, sich über bestimmte Programme zusammenschalten, sodass eine Klassenraumsituation trotz räumlicher  Entfernung entsteht. Damit verändert sich womöglich auch Lernen. Ich persönlich glaube, dass diese Art des Lernens manchmal sinnvoll sein kann, aber sie kann sicherlich Unterricht nicht grundsätzlich ersetzen. Da bin ich nicht so euphorisch; ich denke, wir brauchen unbedingt auch den direkten Kontakt im Schul-Klassenraum, weil wir dann viel stärker individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern eingehen können – die sind ja durchaus unterschiedlich. Und außerdem ist unbedingt zu bedenken: Es müssen alle gleichermaßen die Möglichkeit haben, mit solchen digitalen Medien und Hilfsmitteln zu arbeiten. Nicht jede Familie hat die technischen Voraussetzungen und kann sie ihren Kindern bieten, deshalb dürfen wir digital vermitteltes Lernen jetzt auch nicht grundsätzlich einfordern.  Weder alle Eltern, alle Schülerinnen und Schüler noch alle Lehrerinnen und Lehrer sind aktuelle gleichermaßen in der Lage, alle grundsätzlich denkbaren technischen Möglichkeiten für digital gestützten Unterricht vollends auszunutzen. Und das ist übrigens keine Bildungskatastrophe, meine ich…

Antonia:  Glauben Sie, dass die Schulen von der Erfahrung des Onlineunterrichts auch nach dem Ende der Corona-Pandemie profitieren werden, weil z.B. wertvolle Erkenntnisse gewonnen oder Dinge weiterentwickelt werden konnten?

Dr. Koller: Ja, das glaube ich schon! Ich denke, man wird jetzt in dieser Situation viel lernen: Man wird lernen, wo besondere Möglichkeiten liegen, wenn man digitales Lernen anwendet, und man wird auch merken, wo die Grenzen sind. Ich glaube, viele, die sehr euphorisch sind und meinen, dass man ‚normale‘ Schule ein Stück weit vielleicht sogar ersetzen könnte, wenn man die digitalen Medien zukünftig noch stärker nutzt – viele von denen werden merken: Naja, also, das Lernen in einer echten Schulsituation ist doch noch etwas ganz Anderes, hat ganz besondere Qualitäten, die digital nicht vermittelt werden können. Und umgekehrt wird es diejenigen, die bis jetzt ein bisschen zögerlich sind, vielleicht doch davon überzeugen, dass es viele völlig neue mediale Möglichkeiten gibt, die man auch in normalen Schulsituationen gut einsetzen kann. Ich glaube, diese Erfahrungen werden dazu führen, dass wir digitaler Medien für den schulischen Alltag realistischer einschätzen und souveräner damit umgehen. Ich glaube allerdings nicht, dass wir grundsätzlich einen – ich sage jetzt mal – ‚Bildungseinbruch‘ bei Schülerinnen und Schülern befürchten müssen, wenn eine Schule jetzt (noch) nicht in der Lage ist, mit digitalen Medien ganz intensiv zu arbeiten, da, glaube ich, muss man sich nichts vormachen. Man könnte nach wie vor auch Unterrichtsmaterialien vermitteln, indem man traditionell mit Mappen und Papier arbeitet und Materialien ganz konventionell mit der Post weitergibt. Aber natürlich geht es sehr viel einfacher und schneller, wenn man Arbeitsblätter und Aufgaben mal eben, so mit einem Klick auf die Maustaste, rüberschicken kann – hin und her.

Antonia:  Es ist ja noch nicht sicher, dass der Schulbetrieb am 20.4. wirklich wieder aufgenommen werden kann. Welche Herausforderungen kommen dann auf Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen zu?

Dr. Koller: Tja – du hast schon Recht, Antonia, das wissen wir alles nicht! Wir wissen weder, was uns das Kultusministerium zum 20.04. dazu sagen wird, wie es weitergehen soll, ob wir Ende April mit dem Unterricht wieder ganz regulär beginnen können, oder ob der Schulbetrieb noch längere Zeit, vielleicht sogar bis zu den Sommerferien ausgesetzt sein wird. Wir können eigentlich im Moment auch noch gar nicht darüber nachdenken, was denn in dem „worst case scenario“, also wenn der Unterricht vorläufig nicht wieder stattfindet, genau passieren soll. Man kann jetzt zu diesem Zeitpunkt nur Ideen entwickeln, wie sich dann der Nutzen der neuen Medien noch vielleicht weiter ausbauen ließe, um im Austausch zu bleiben, aber ansonsten müssen wir jetzt erstmal abwarten und in unseren Gremien mit den Lehrerinnen und Lehrern schon mal so ein bisschen nachdenken – aber Entscheidungen können wir noch gar nicht treffen.

Antonia:  Eine abschließende Frage: Worauf freuen Sie sich im THG am meisten, wenn der Schulbetrieb wieder läuft?

Dr. Koller: Oh, ich freue mich darauf, dass wir morgens dann auf den Fluren wieder viel Leben haben – dass man, wenn man morgens ins Haus kommt, gleich als erstes Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern begegnet, dass man ein fröhliches „Hallo“ austauschen und sich einen guten Tag wünschen kann – darauf freue ich mich am meisten: Schule ohne Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer ist absolut öde und leer – in den Ferien, und erst recht in Coronakrisenzeiten!

Antonia:  Liebe Frau Dr. Koller, ich danke Ihnen herzlich für dieses Gespräch! Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich bei Ihnen, dem Schulleitungsteam und vor allem bei allen Lehrerinnen und Lehrern bedanken, die sich im Rahmen der Schulbetreuung um mich kümmern und dafür sorgen, dass ich mich hier sehr wohl fühle, obwohl z.Zt. keine anderen Kinder hier sind.

Comments are closed.
Archive
error: Dieser Inhalt ist kopiergeschützt.