Von der Kunst, die polnische Landesfahne zu hissen

Eine kleine Gemeinde freut sich über Besuch aus Polen und hisst freudig alle rot-weißen Fahnen, die aufzutreiben sind. Und wieder muss der Besuch feststellen, dass die Gastgeber im Überschwang nicht so richtig hingeschaut haben, denn da hängen in fröhlichem Wechsel die Fahnen von Polen, Monaco und Indonesien. Wie das? Alle drei Fahnen sehen gleich aus, aber es kommt darauf an, die jeweils “richtige” Farbe nach oben oder unten auszurichten. Diese Episode war eine von vielen unterhaltsamen Geschichten, die der Polenkenner, Schriftsteller und Publizist Matthias Kneip am Donnerstag, 23.9.2021, Schülerinnen und Schülern des 11. und 12. Jahrgangs in der Aula des THG vorstellte. Kneip, der Polen nicht nur kennt, sondern offensichtlich liebt, schaffte es auch bei seinem jungen Publikum Interesse zu wecken. Seinem Gegenüber zugewandt, Fragen stellend, im besten Sinne unakademisch vortragend und sehr persönlich erzählend, gelang es dem Autor neunzig Minuten sehr rasch vergehen zu lassen. Er berichtete von seinen aus Oberschlesien stammenden Eltern, der polnischen Sprache, aber vor allem von dem, was Deutsche und Polen verbindet oder eben auch unterscheidet: Die polnische Gastfreundschaft, die manchen deutschen Magen an die Belastungsgrenze bringt, der Umgang mit Lob und Geschenken, die Schwierigkeit als deutscher Lehrender die Note “6” (die beste Note in Polen) mit dem passenden breiten Lächeln zu überreichen oder auch das unterschiedliche Verständnis von Witzen – erfolgreich am Publikum getestet. Wir wissen sehr wenig über unseren östlichen Nachbarn mit dem uns die viertlängste Landesgrenze und eine sehr lange Geschichte verbindet. Unser Bild ist meist von den Medien geprägt; Justizreform, Abtreibungsgesetzgebung und Europaskepsis dominieren die Meldungen. Matthias Kneip versuchte keine Rechtfertigung dieser Politik, sondern wollte den Zuhörenden Hintergründe und Ursachen einer bestimmten Haltung der Polinnen und Polen nahebringen. Das wird gelingen, wenn dieser erste Blick noch von einem zweiten und dritten gefolgt und durch persönliche Kontakte ergänzt wird. Das klappt am Besten auf Reisen und so legte Kneip seinem “meerfernen” Publikum vor allem Danzig ans Herz, Krakau als schönste Stadt Polens oder Breslau als die vielleicht jüngste und “hippeste” standen ebenfalls auf seiner Empfehlungsliste. Das THG ist hier seit vielen Jahren auf einem sehr guten Weg, viele Schüler*innen haben bereits unsere Partnerstadt Thorn besucht. Wir hoffen, dass die Austausche bald wieder stattfinden können und danken Renate Borchard und Harm Adam von der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Göttingen sehr herzlich für das Herstellen des Kontaktes zu Matthias Kneip und natürlich unserem stellvertretenden Schulleiter Mathias Behn für seine kenntnisreichen Worte zur Begrüßung. Wir hoffen auf baldige Fortsetzung mit einer Aulaveranstaltung “wie früher”!

Text und Fotos: ARD

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