Weltweiter Briefmarathon von Amnesty International – Das THG ist dabei!

Auf Initiative unserer Kollegin Dr. Elke Günzel beteiligte sich das THG am diesjährigen Briefmarathon.

„Das ist eine tolle Möglichkeit, sich auch in unserem Alter mal für eine bessere Welt einsetzen zu können“, sagte ein Schüler aus dem Werte und Normen-Kurs des Jahrgangs 6 und im Jahrgang 9 hieß es: „Jetzt müssen die Regierenden auch uns mal zuhören!“

Die Menschenrechte standen für zwei bis drei Unterrichtsstunden auf dem Stundenplan der Werte und Normen Kurse von Jahrgang 6 bis 13. Die meisten Unterschriften erhielten die drei 15, 16 und 18-jährigen Übersetzer, die sich auf dem Öltanker El Hiblu dafür einsetzen, dass sie gemeinsam mit 120 anderen Flüchtlingen nicht wieder nach Libyen zurückgeschickt werden. In Libyen hätte ihnen Folter und Tod gedroht. Auf Malta wurden die drei zu Unrecht verhaftet und es droht ihnen jetzt eine lebenslange Gefängnisstrafe. Neben den vielen Unterschriften der Schülerinnen und Schüler des THGs an die maltesische Staatsanwaltschaft wurden einige englischsprachige Solidaritätsnachrichten an die drei Verurteilten über Social Media-Kanäle gepostet.

Dass Frauen in Saudi-Arabien nicht dieselben Rechte wie Männer haben, hat uns besonders betroffen gemacht. Nassima Al-Sada aus Saudi-Arabien hat sich dafür eingesetzt, dass Frauen Auto fahren dürfen und kam deshalb ins Gefängnis. Nassima Al Sada wurde bereits 2018 für ein Jahr in Einzelhaft gesteckt und ist bis heute im Gefängnis. Neben den zahlreichen Unterschriften aus dem THG haben einzelne unserer Arabisch sprechenden Schülerinnen und Schüler auch Twitter- und Instagram-Botschaften gepostet, um Nassima zu ermutigen.

Für den Schutz ihres wunderbaren Landes Kolumbien setzt sich Jani Silva ein. Der Regenwald ist für unser Klima unersetzlich. Wenn aber Erdölkonzerne dort das Wasser verschmutzen, so dass die Menschen keine sauberen Wasserquellen mehr haben, muss etwas getan werden. Doch Jani Silva und ihre Aktivistinnen werden eingeschüchtert und mit dem Tode bedroht. Neben den vielen Unterschriften in den Appellbriefen an die kolumbianische Regierung, haben die Schülerinnen und Schüler des THG den Umweltschützern vor Ort in spanischsprachigen Solidaritätsbriefen ihre moralische Unterstützung gezeigt.

Ein Menschenrechtler in Pakistan, Idris Khattak, dessen Familie erst nach einem halben Jahr erfährt, dass er im Gefängnis ist, soll freigelassen werden. Ein Journalist aus Algerien, Khaled Drareni, der nur dafür eine Haftstrafe absitzen muss, weil er von den Demonstrationen in Algerien berichtete, soll die Freiheit wiedererlangen. Germain Rukuki, ein Menschenrechtler aus Burundi, der sich gegen Folter einsetzt und nun selbst im Gefängnis gelandet ist, muss befreit werden. „Warum tun die Regierungen so etwas?“, das fragte sich eine Schülerin aus dem 7. Jahrgang. Ist es Machtgier, Festhalten an der Macht oder Angst vor dem Widerstand der Bevölkerung? Die Schülerinnen und Schüler diskutierten dieses „Warum“, fanden jedoch keine zufriedenstellende Antwort. Aber all diese mutigen Leute können mit den Unterschriften in den Petitionen an die Regierungen unterstützt werden. Manch einer zögerte erst mit seiner Unterschrift, denn es ist schon ein klares politisches Bekenntnis, das man abgibt, ähnlich wie bei einer Demonstration. Soll ich mich öffentlich für Menschen einsetzen, die ich nicht einmal kenne? Was geschieht, wenn ich mit meinem Namen unterschreibe und dies an die Regierenden dieser Welt geschickt wird? Auch das war Zündstoff für Diskussionen in den Klassen. Wie viel Widerstand traue ich mir zu? – Natürlich war das Unterschreiben freiwillig, aber am Ende machten die meisten gerne mit.

Gustavo Gattica, ein junger Mann aus Chile, verlor sein Augenlicht, als die Polizei mit Gummigeschossen eine Demonstration attackierte. Die verantwortlichen Polizisten sollten vor Gericht! Auch an die chilenische Regierung gingen zahlreiche Appellbriefe. Außerdem haben Schülerinnen und Schüler aus dem 13. und aus dem 9. Jahrgang ermutigende Sprachbotschaften in spanischer Sprache an Gustavo gesendet.

In Südafrika werden Vergewaltigungen und Morde an Frauen nicht immer strafrechtlich verfolgt. Die beiden blutjungen und talentierten Schauspielschülerinnen Popi Qwabe und Bongeka Phungula wurden missbraucht, ermordet und ihre Leichen auf einer Müllhalde „entsorgt“. Trotz zahlreicher Indizien wurden die Verdächtigen nicht verfolgt. Auch hier muss für Gerechtigkeit gekämpft werden und die Regierenden mit Petitionen unter Druck gesetzt werden.

Die türkischen Studierenden Melike Balkan und Özgür Gür wurden gemeinsam mit 17 anderen einer LGBTI-Gruppe zu drei Jahren Haft verurteilt, weil sie an einem friedlichen Pride-Sit-In an der Middle East Technical University teilgenommen haben. An den Justizminister gingen zahlreiche Appellbriefe und außerdem haben türkischsprachige Schülerinnen aller Jahrgänge etliche Posts in die sozialen Medien geschickt.

Auch Satire ist in vielen Ländern ein gefährliches Unterfangen; das musste Paiong Phyo Ming aus Myanmar erfahren, der mit einer besonderen Art von politischem Poetry Slam, Thangyat genannt, die Herrschenden herausforderte. Die Armee fühlte sich beleidigt und stellte ihn vor Gericht. Neben den Petitionen an die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi gingen von unseren Schülerinnen und Schülern hoffnungsvolle Nachrichten an den Künstler, um ihn im Gefängnis zu stärken.

Die Briefe wirken! Schulen in 170 Ländern machen bei diesem Briefmarathon mit. Millionen Briefe, e-Mails, Tweets und Petitionen werden geschrieben. Damit wird Druck auf Regierungen ausgeübt. Diesem Ansturm von Unterstützung für Menschen, die schikaniert, bedroht oder unberechtigt inhaftiert werden, können Regierungen nicht standhalten. Veränderung wird dadurch möglich, Aktivisten und Aktivistinnen werden freigelassen, Gerechtigkeit widerfährt denjenigen, deren Rechte verletzt werden. Die Erfolge des diesjährigen Briefmarathons werden im nächsten Jahr von Amnesty International veröffentlicht und sollen dann auch am THG bekannt gemacht werden. Das Mitgefühl in den Posts und Solidaritätsnachrichten von Hunderttausenden Jugendlichen an die Menschen, denen Unrecht geschehen ist, unterstützt und tröstet. So schreibt ein Inhaftierter aus der Demokratischen Republik Kongo: „Die Sicherheitskräfte im ersten Gefängnis haben sich irgendwann gewundert und mich gefragt: Wer bist du? Wieso reden so viele Menschen über dich? (…) Irgendwann habe ich die Briefe von Amnesty-Mitgliedern und anderen NGOs erhalten – eine schöne Erfahrung, die mir Hoffnung machte. Denn ich wusste, ich bin nicht allein.“

Text und Fotos: Dr. Elke Günzel

 

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